Alltag,  Wohnen

Schmutzige Wäsche

Was hat Wäschewaschen mit sozialer Ungleichheit zu tun?

Für mich eine neue Erfahrung: am Wochenende Wäsche waschen gehen. Wohnraum in New York ist knapp, also wird gespart, nicht nur an den Quadratmetern, sondern auch an dem, was es in den Wohnungen gibt. Die Waschmaschine ist dabei ein typisches Opfer. In Österreich ist die Waschmaschine ein so zentrales Ausstattungsmerkmal einer Wohnung, dass das Fehlen dieser als ein Merkmal für sozialen Ausschluss gilt.

Vielseitig einsetzbar und zusammen klappbar

Wer viel Platz hat, hat natürlich eine Waschmaschine, auch hier, aber die meisten haben weder Platz noch Waschmaschine. Also Wäsche waschen gehen oder Wäsche waschen lassen. Bei der Dienstleistungsvariante bringe ich morgens auf dem Weg zur Arbeit meine Wäsche hin und bekomme sie am Abend gefaltet, vielleicht auch gebügelt zurück. Das ist die Variante für Gutverdiener_innen, für alle anderen heißt es, Wäsche hinbringen, in die Waschmaschine geben, warten (mit einer halben Stunden pro Waschgang dauert das zwar längst nicht so lange wie bei uns, ob sie auch so sauber wird, ist eine andere Geschichte),  Wäsche in den Trockner geben, starten – und wieder warten. Wenn es gut geht, ist man nach eineinhalb Stunden fertig, Hin- und Rückweg nicht gerechnet, der je nach Wäschemenge, Entfernung, Stiegen und eigener Mobilität sehr mühsam ausfallen kann. Viele behelfen sich mit spezifischen Wägelchen, die ich in Österreich so noch nie gesehen habe.

Während sich zu Hause der Zeitaufwand  auf das Ein- und Ausräumen, Aufhängen und Abhängen (da wir aus Energiespargründen keinen Trockner haben) und Zusammenlegen beschränkt, der eigentliche Akt des Waschens losgelöst von meinem Tun stattfindet, wird so Wäschewaschen zum aktiven Akt. Während der Waschzeit, die zu kurz ist, um irgendetwas anderes im eigenen Haushalt zu machen, bleibt zumeist nur lesen (habe ich außer mir niemand gesehen) oder surfen am Handy als Beschäftigung. Man könnte natürlich auch meditierend der Wäsche beim Sauberwerden zusehen, aber das ist bei der Geräuschkulisse im Waschsalon eher schwer möglich.

Es geht auch nicht, wie zu Hause, die Wäsche in die Maschine zu geben und diese irgendwann gewaschen wieder rauszuholen und aufzuhängen, denn die Maschinen stehen im öffentlichen Raum, deine Wäsche blockiert die Maschinen für die anderen, im besten Fall findest du sie irgendwo in einem Korb wieder.

Es gilt, je ärmer du bist, desto mehr Zeit brauchst du für so etwas Fundamentales wie Wäsche waschen. Zeit, die dir woanders fehlt. Aber: vielleicht kann ja der Waschsalon auch als Ort der sozialen Interaktion gesehen werden, so wie früher die öffentlichen Waschstellen für Frauen und mir als Fremder hier bleibt diese Dimension verschlossen.

Gemeinsames Warten auf saubere Wäsche

Meine Leidenschaft für Wäschewaschen als soziologisches Thema wurde wesentlich geprägt von Jean-Claude Kaufmann und seinem Buch “Schmutzige Wäsche”, dem ich auch den Titel dieses Beitrags entlehnt habe. Er beschreibt mit Blick fürs Detail, wie über den Umgang mit der Wäsche Paarbildung stattfindet. Immer noch lesenswert!

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *